Rede Nata Kabir: „Unser“ Kaufhof? Wir kaufen das Ding! 2. Februar 20242. Februar 2024 Stadtverordnete Nata Kabir Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, Vor knapp einem Jahr haben wir hier darüber beraten welcher von drei geprüften Standorten es denn werden soll für die künftige Station Mitte und wir haben sogar noch einen vierten dazu genommen, weil sich die Gelegenheit ergab und wir ihn kaufen konnten. Und welcher ist es geworden? Ein fünfter und ja – vieles ist bei dem noch nicht bis zum letzten Komma ausgerechnet. Und das finde ich nicht nur in Ordnung, sondern ich freue mich, dass wir den Standort nehmen, der damals noch gar nicht zur Diskussion stand. Die erste und wichtigste Chance, die wir hier nutzen ist: Wir investieren in Bildung und in einen Ort für alle, der vielfach auch von jungen Menschen genutzt wird. Ich habe es beim letzten Mal gesagt und wiederhole es gerne: Das ist richtig und wichtig. Und es eröffnet vielen Chancen, die manche zuhause nicht haben. Ich bin froh und stolz, dass unsere Jugend gerne in die Bücherei geht und künftig vielleicht sogar noch lieber. Und zweitens: Wir erhalten den Offenbacher:innen „ihren“ Kaufhof und schreiben seine Geschichte neu. Diese Stadt hat so viele Niedergänge hinter sich, so viele Schließungen von Geschäften, alteingesessenen Betrieben und Unternehmen, denen nachgetrauert wird, so viele kleine und große Traumata. Dass wir das Gebäude jetzt übernehmen und ein ganz anderes Kapitel aufschlagen, dass wir es künftig öffentlich nutzen können, ich glaube darauf freuen sich wirklich viele Offenbacher:innen. Ex-Kaufhof-Gebäude in Offenbach Es ist ein Symbol und eine Chance aus dem letzten geschlossenen Kaufhaus, das einst gut lief und die Stadt mitgeprägt hat, etwas Neues entstehen zu lassen. Die Innenstadt bleibt kein Shoppingfriedhof, sondern wir schaffen einen öffentlichen Raum des Zusammenkommens und der Bildung. Die dritte Chance, die sich hier ergibt und die wir nutzen ist: Wir kaufen das Ding. Es wird stadtnah in Besitz genommen und das, das war uns Grünen ein Anliegen. Denn bei Anmietung für egal wie viele Jahre gehört einem das Gebäude am Ende eben nicht. Wir wären immer auf andere angewiesen. Hier haben wir den Zugriff und das ist in der Innenstadt fast nirgends der Fall – ein echtes Problem! Deswegen beraten wir nachher auch über eine Vorkaufsrechtsatzung. Wir als Stadt können in unseren Immobilien mit gutem Beispiel vorangehen und einen immensen Leerstand umnutzen. Und wir Grünen freuen uns auch auf den hoffentlich entstehenden ersten Dachgarten und werden einen Blick darauf haben, dass das Thema Begrünung nicht zu kurz kommt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freu mich drauf. Aber wo ich Chancen sehe, da sehen andere anscheinend leider schwarz, kriegen Bedenken und richtig schlechte Laune. Aber warum? Das Zukunftskonzept wurde 2020 beschlossen. Und im Grundsatzbeschluss war die Station Mitte ein priorisiertes Schlüsselprojekt. Ich finde es nicht soo überraschend, dass das prioritär verfolgt und umgesetzt wird – und richtigerweise im Zentrum der Innenstadt und nicht am Rande im Kulturkarree. Das war und ist eine zentrale Idee. Klar, um das Kulturkarre müssen wir uns kümmern, keine Frage. Wir müssen überlegen wie es im Büsingpalais und Bernardbau weitergeht, wenn das Zugpferd ausgezogen ist. Aber auch hier liegen doch Chancen und Möglichkeiten. Wie geht es aber mit der Stadtbibliothek weiter wenn es nach der CDU geht? Die Stadtbibliothek soll offensichtlich auf jeden Fall da bleiben, wo sie ist. Das zementiert Ihr Änderungsantrag. Denn den Kaufhof sollen wir zwar kaufen, dann aber die wirtschaftlichste Variante umsetzen – ich brauche keine Wirtschaftlichkeitsprüfung um zu wissen, dass eine Stadtbibliothek weniger lukrativ wäre als Wohnen oder Gewerbe – vorausgesetzt, dass wir Gewerbe dort hinbewegen. Und das alles sollen wir so machen weil 4 x im Monat jemand erst ein Buch ausleiht und danach auch noch in ein angrenzendes Museum geht? Diese Synergie müssen wir um jeden Preis erhalten? Für mich wirkt das alles irgendwie vorgeschoben. Ernsthaft: Wir sollen den Kaufhof kaufen, aber nicht für den Zweck, der im Zukunftskonzept prioritär verfolgt wird? Sie wollen dieses Projekt nicht in der Innenstadt und Sie werden vermutlich weiterhin an jeder Vorlage zum Thema rummäkeln. Und das finde ich ehrlich schade. Bestimmt kommt gleich eine Gegenrede, in der mir mangelnde Sachkenntnis vorgeworfen wird und blindes Vertrauen. Ich möchte prophylaktisch sagen: Meine Fraktion ist nicht berühmt dafür zu wenige Fragen zu stellen oder unkritisch zu sein, ich denke das ist allgemein bekannt. Aber ja, ein bisschen Mut und Optimismus gehört eben auch dazu. Auf diese Möglichkeiten zu verzichten, das wäre fahrlässig. Ich bitte auch Sie um ein bisschen Mut und fröhliche Zustimmung.