Rede der Fraktionsvorsitzenden Dr. Sybille Schumann zum Anpassungskonzept des Nahverkehrsplans

Es fällt mir persönlich, mir als Grüne und als Stellvertreterin für unsere Fraktion, sehr, sehr schwer einer Angebotsreduzierung im Öffentlichen Nahverkehrs zuzustimmen. Auch und obwohl wir in der letzten Stadtverordnetensitzung mitgetragen haben, dass die Mittel, welche aus dem öffentlichen Haushalt zur Ko-Finanzierung des Busverkehrs in Offenbach beigesteuert werden, begrenzt werden sollen. Denn wir werden damit in den bestehenden Nahverkehrsplan eingreifen, das Angebot wird sich verändern und wir werden den ÖPNV nicht so erweitern können, wie es aus meiner politischen Überzeugung heraus eigentlich notwendig wäre. Ein guter ÖPNV ist einer der zwei Schlüssel für eine Verkehrswende und bessere Luft. Und ein guter ÖPNV ist der Garant dafür, dass immer mehr Menschen gerne den ÖPNV nutzen und auf den ÖPNV umsteigen. Mit hoher Taktung, guten Anschlüssen, ohne „Ölsardineneffekt“, mit der Garantie auch zu jeder Uhrzeit noch nach Hause zu kommen. Einem ÖPNV, welchen alle gerne nutzen und nicht nur Menschen, die es müssen, weil sie wirklich darauf unbedingt angewiesen sind.

Weil mir das so schwerfällt, bin ich unserer Dezernentin, den Geschäftsführungen und allen daran beteiligten Mitarbeiterinnen der SOH, NIO und OVB/MMO wirklich äußerst dankbar, dass sie es in einer extrem kurzen Zeit geschafft haben, ein solch gutes Konzept aufzustellen. Mit dem richtigen Augenmaß und dem Fokus auf die richtigen und wichtigen Belange der Nutzerinnen und Nutzer, so wie auch der Belegschaft, d.h. der Busfahrerinnen und Busfahrer.

Und direkt hier sei erwähnt, dass nicht 65 Fahrer:innen der MMO/OVB nicht weiterbeschäftigt werden, es werden auch nicht 25% – wie es zwischenzeitlich durch Presse und insbesondere die sozialen Medien kursierte – sondern nur 2% weniger Fahrleistungen kommen.

In den Hauptverkehrszeiten bleiben die sehr guten Taktungen bestehen, denn die Reduzierung um 83 Tausend km bei einer Gesamtfahrleistung von 4 Mill. km erfolgt vorwiegend in den Randzeiten. Somit in den Zeiten, in denen in den Bussen insgesamt weniger Fahrgäste unterwegs sind. Gleichzeitig werden die Busse weiterhin bis 01:00 Uhr morgens fahren, so dass auch ÖPNV-Nutzer:innen bis spät in die Nacht noch nach Hause kommen. Die sehr wichtige Anbindung des Neubaugebietes Bürgel-Ost wird noch in diesem Jahr umgesetzt, wenn auch die weitere Ausweitung der Verkehre um zusätzliche 500.000km, so wie sie 2017 im Stadtparlament mit dem Beschluss des Nahverkehrsplanes 2018-2022 vorgesehen war, zurückgestellt wird. Durch die insgesamt verhältnismäßig geringe Reduzierung der km-Leistung bleiben 204 der 218 Busfahrer:innenstellen bei der OVB/MMO erhalten. Der Abbau erfolgt außer bei 5 Fahrer:innen sozialverträglich.

Ich bin gespannt, was jetzt und in den folgenden Redebeiträgen noch passieren wird.

Von der ein oder anderen Fraktion in diesem Hause, von Parteien die zwar immer wieder beteuern, wie wichtig Ihnen der ÖPNV ist und dieses auch in ihren Programmen niedergelegt hatten, die aber auch im letzten Jahr keine Gelegenheit ausgelassen haben diesem dann doch die Bedeutung und auch die Notwendigkeit einer öffentlichen Co-Finanzierung abzusprechen, werden Krokodilstränen vergossen. Dazu kann ich nur sagen, wir Grünen haben uns nicht ausgedacht, dass gerade am ÖPNV gespart werden soll.

Und den Personen, denen Arbeitsplätze wichtig sind und sich jetzt freuen, dass wir fast alle bei der OVB/MMO erhalten konnten, sei gesagt, dass wir mit der geplanten Ausweitung der ÖPNV Leistungen um 500.000 km und der damit verbundenen noch besseren Leistung des ÖPNV, wie er im Übrigen im bestehenden Nahverkehrsplan beschlossen war, einige Arbeitsplätze mehr geschaffen hätten – zwar nicht unbedingt bei der OVB/MMO, so aber doch beim beauftragten Subunternehmen.

Dann habe ich schon Stimmen gehört, die meinen, das neue Konzept sei aber nicht innovativ. Die Linienführungen würden beibehalten, On-Demand-Verkehre wären nicht enthalten und, und, und…
Leute: in welcher Welt seid Ihr unterwegs? Ein ÖPNV System ist so komplex, dass es nicht eben mal so über Nacht überarbeitet werden kann. Genau deshalb werden neue Nahverkehrspläne in der Regel mindestens mit einem Vorlauf von einem Jahr bearbeitet. All diese Ideen und innovativen Gedanken könnt Ihr alle in den Prozess der Erstellung des neuen Nahverkehrsplanes einbringen. Dieser Prozess beginnt ja jetzt – mit der Unterstützung eines zweiten Nahverkehrsplanungsbüro – und dann werden wir sehen, was und wie Veränderungen ab 2022 kommen werden. Über’s Knie gebrochen werden kann eine solche Planung und Umstellung jedenfalls nicht. Und die Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV müssen sich auch rechtzeitig umorientieren können, wenn es zu Linienführungsveränderungen kommt.
Ich stelle mir gerade vor, was los gewesen wäre, hätten sich alle Offenbacherinnen und Offenbacher hier innerhalb kürzester Zeit und praktisch ohne Vorankündigung umstellen müssen. Das wäre echt schwer geworden. Und mit der Beteiligung von Nutzerinnen und Nutzern im Rahmen der Nahverkehrsaufstellung wird die Akzeptanz ganz sicher gestärkt.

Auch wenn ich nun schon lange geredet habe, möchte ich mich nochmal herzlich bedanken bei allen, die unseren Nahverkehr so gut am Laufen halten und dies auch unter den widrigen Corona-Bedingungen immer getan haben. Sowie auch bei allen, die in dieser Zeit an stetigen Verbesserungen und auch dem Schutz der Nutzerinnen und Nutzer so wie der Fahrerinnen und Fahrer gearbeitet haben, u.a. durch Einstiegskonzepte, den Einbau von Filtern und Abschirmungen der Fahrer:innen. Und es nun auch noch aushalten müssen, dass am ÖPNV gespart werden soll. Sehr bitter ist das für alle Beteiligten. Ich bin jedoch ganz, ganz sicher, dass die Fahrgastzahlen wieder steigen werden, und zuversichtlich, dass wir auch die nötigen Kompensationen vom Land und Bund erhalten werden, um unseren Offenbacher ÖPNV mindestens in der jetzigen Form fahren zu lassen. Denn wir sind nicht die einzige Kommune die vor solchen Herausforderungen steht, und die Bedeutung des ÖPNV steigt und steigt und steigt. Zu Recht.

Ich bitte um Zustimmung zur Magistratsvorlage.

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