Haushaltsrede – Teil 1 – von Tobias Dondelinger

Fraktionsvorsitzender Tobias Dondelinger

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

bevor ich inhaltlich in die Rede einsteige möchte ich mich beim Kämmerer und den Mitarbeitenden der Kämmerei für die gute Arbeit und die positive Zusammenarbeit bedanken. So macht Haushaltaufstellen Spaß. Bedanken wollen wir uns auch bei all den Menschen, die in Verwaltung und Stadtkonzern dafür sorgen, dass der Haushalt, den wir jetzt abstrakt beschließen, am Ende als konkrete Leistung den Menschen der Stadt zugutekommt. Vielen Dank allen Mitarbeitenden.

Nun aber zum Blick auf das kommende Jahr:

Ein kommunaler Haushalt entsteht immer vor dem Kontext seiner Zeit und wenn man in einer bewegten Zeit lebt, so wie wir es gerade tun, dann schlägt sich das in den Zahlen nieder. Es schlägt sich aber auch in der Analyse und dem Nachdenken darüber nieder, was für Aufgaben vor uns liegen und wo wir hinwollen mit unserer Stadt.

Bei meinem Nachdenken darüber, kam mir in den letzten Wochen immer wieder eine großartige Liedzeile von Gisberth zu Knyphausen in den Sinn, die so richtig und passend ist, dass sie eigentlich reicht, um zu erklären, was läuft… Aber keine Sorge, ich werde danach trotzdem noch ein bisschen erläutern.

Er singt: „Aber so wie es war, wird es nie wieder sein
So wie es ist, wird es nicht bleiben
Wie es dann wird, kann vielleicht
Nur der bucklige Winter entscheiden“

Und es ist so richtig: Wir brauchen uns nicht in Nostalgie von einer Normalität von vor fünfzig Jahren zu ergehen, weil so wie es war wird es nie wieder sein. Wenn wir zukunftsgerichtet handeln wollen, müssen wir nach vorne schauen, müssen wir überlegen, wo wir hinwollen und müssen.

Wir sollten uns auch nicht in Angst auf die Risiken und Gefahren der Gegenwart fokussieren und uns aus Sorge vor einer Grundsteuererhöhung oder anderen drohenden Unheilen, den Blick für das verbauen, was wir heute angehen müssen, damit unsere Zukunft morgen eine Gute ist. Denn so wie es ist, kann es nicht bleiben.

Wir müssen mit Mut und mit Entschlossenheit die Zukunftsaufgaben angehen und uns nicht im hier und jetzt verirren oder im Blick zurück den Blick nach vorne vergessen.

Offenbach bleibt eine arme Stadt und gerade uns und die Menschen hier trifft es hart, wenn der bucklige Winter so erbarmungslos entscheidet, über uns hereinzubrechen, in Form von Krieg in der Ukraine, von explodierenden Energiepreisen und Lebenshaltungskosten.

Wir müssen das, was uns stark macht gerade in der Krise stärken und dafür sorgen, dass die guten Netzwerke erhalten bleiben, dass die Solidarität und das gemeinsame Anpacken, nicht auf dem Weg verloren gehen. Weil auch das ist richtig und haben wir in dieser Krise gelernt: Was der bucklige Winter entscheidet, das können wir nicht beeinflussen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir bestmöglich vorbereitet sind und dass wir es den Menschen ermöglichen, gut durch diese Krise zu kommen.

Ein Blick in die Zahlen bestätigt, sehr geehrte Damen und Herren, dass das für uns handlungsleitend ist. Der aktuelle Haushalt hat ein Volumen von 580 Millionen Euro und wie in den Vorjahren und auch in den kommenden Jahren, sind die Schlüsselzuweisungen des Landes Hessen – dieses Jahr mit 219 Millionen Euro deutlich mehr als im Vorjahr – der zentrale Faktor, der unsere Spielräume vorgibt.

Die Ampel-Koalition – allen voran Felix – arbeitet daran, sich aus dieser Abhängigkeit freizustrampeln und eine Finanzierung aus eigener Wirtschaftskraft hinzukriegen, aber das ist nichts, was von heute auf morgen geschieht und es ist eine Illusion, sich Offenbach wieder als industriellen Kraftpol wie vor 50 Jahren vorzustellen.

Wenn wir weiter nach vorne schauen und auch die wirtschaftliche Entwicklung entsprechend steuern, dann werden wir hoffentlich Zentrum neuer Technologien und von dem, was nach der Transformation unserer Wirtschaft gebraucht wird. Und dann hoffen wir auf deutlich mehr als die 82 Millionen Euro Gewerbesteuer, mit denen wir fürs kommende Jahr planen.

Die Ausrichtung an der Zukunft spiegelt sich auch im weiter sehr hohen Niveau der Investitionen. Wir wollen im kommenden Jahr Vorhaben im Umfang von über 115 Millionen Euro umsetzen. Das ist erneut ein Rekordniveau und es zeigt: Wir ruhen uns nicht aus, wir machen unsere Stadt fit.

Und hinzufügen möchte ich: Diese Investitionen sind kein Wünsch-Dir-Was, sondern sind das Nötigste, das wir brauchen, um die Stadt lebenswert und klimagerecht zu gestalten, um unseren Kindern gute Bildungsstätten zu bieten und den Bürger:innen und Unternehmen eine gute Infrastruktur.

Auch mir fallen hier auf Anhieb ein Haufen Sachen ein, wo wir auch investieren könnten und sogar müssten. Aber wir drehen halt jeden Euro zweimal um und lenken die Investitionen dann dorthin, wo sie am besten wirken.

Denn Offenbach ist eine arme Stadt und deshalb müssen wir die Mittel, die wir haben, effizient einsetzen. Nicht nach der Maxime: „Viel hilft viel“ und auch nicht nach der Maxime: „Ist doch ne gute Sache…“. Wir müssen jeden Euro zweimal umdrehen und liebe Kolleginnen und Kollegen ich sage Ihnen, manchen Euro haben wir sogar fünfmal umgedreht.

Aber es lohnt sich. Wir haben einen Haushalt vorliegen, der sparsam ist, der in die Zukunft gerichtet ist und der sicherstellt, dass wir unsere Stadt auch in einigen Jahren noch zukunftsgerichtet entwickeln können. Gleichzeitig gehen wir die Herausforderungen an: Sowohl die, die gerade drängen, als auch die, die schon an die Tür klopfen und unwillkürlich kommen werden.

Wir stärken den Zusammenhalt in unserer Stadt. Wir machen die fit für die Zukunft, die wir in Zukunft brauchen. Wir helfen denen, die anderen helfen. Und wir bauen die auf, die unsere Stadt aufbauen. Dass wir später ein Hilfspaket für die Menschen, die Vereine und den Handel beschließen werden steht zwar nicht in diesem Haushalt, es ist aber Ergebnis guten Wirtschaftens und Haushaltens, weil wir in diesem Jahr so viel Überschuss machen, dass wir uns das leisten können.

Unsere Stadt hat sich im vergangenen Jahr auf den Weg gemacht, ihre Gelder auch immer mit Blick auf die Nachhaltigkeit zu verwenden. Ich freue mich darüber, dass die Stadt einen Green Bond aufgelegt hat und wenn das aktuell ganz andere Zinsumfeld und die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt das zulassen, dann wird das sicher nicht das letzte Mal gewesen sein. Ich bin auch gespannt und freue mich auf die neue Anlagerichtlinie der Stadt, die ebenfalls Nachhaltigkeitsaspekte mit beachten wird.

Auch bei der Bewirtschaftung unseres Waldes wird Nachhaltigkeit ein wichtigerer Leitfaden. Deshalb werden wir vorerst auf Fällungen zu Verkaufszwecken verzichten und schauen erstmal, welche ökologischen Qualitäten in unseren Wäldern stecken, die wir schützen sollten. Es ist durchaus möglich, dass unser Naherholungs- und Biotopwald ähnlich ertragreich bewirtschaftet werden kann wie bisher, ohne dass er so sehr Wirtschaftswald ist wie bis jetzt.

Gut, wenn die Stadt eine aktive Bodenpolitik betreiben will und der Ansatz für Grundstückserwerbe mit 3 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch ist als in den Vorjahren. Hier sollten wir vielleicht darüber nachdenken, unser Instrumentarium entsprechend auszubauen, damit wir dauerhaft am Bodenmarkt aktiv bleiben können.

Ich habe ja eben schon gesagt, dass wir für eine zukunftsgerichtete wirtschaftliche Entwicklung auch den Rahmen schaffen müssen. Deshalb ist es folgerichtig, wenn für die Entwicklung des Innovationscampus eine Million Euro aus städtischen Mitteln bereitgestellt sind.

Ein weiteres Kernanliegen der Koalition und des OBs ist es, die Innenstadt so aufzustellen, dass sie weiter zentraler Treff- und Identifikationspunkt aller Offenbacher:innen bleibt. Dafür sind sowohl im Ergebnishaushalt als auch an investiven Mitteln erhebliche Gelder bereitgestellt. Wir finden das explizit gut, den Kern unserer Stadt lebendig zu behalten, aber wie auch an anderen Stellen werden wir beim Zukunftskonzept Innenstadt jeden Euro mindestens zweimal umdrehen, denn unsere arme Stadt hat nichts zu verschenken und muss ihre Mittel effizient lenken.

Etwas das mich persönlich wirklich sehr freut, weil mich das schon seit einigen Jahren begleitet, ist die halbe Stelle für Bürger:innenbeteiligung, die dieses Jahr im Stellenplan eingeplant ist.

Damit ist nicht nur jemand in der Verwaltung verortet, der das Know How in diesem Bereich sammelt und bereithält und das Thema auf dem Schirm hat, sondern damit können auch die Leitlinien für Bürgerbeteiligung, die wir vor zwei Jahren beschlossen haben endlich wirksam werden. Das ist ein guter Tag für Bürger:innenbeteiligung in Offenbach und es wird weit in die Zukunft hinein wirken.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: Die Bürger:innen unserer Stadt, das ist der Kern dessen, worum sich unsere Arbeit und unser Wirken dreht. Wie in den vergangenen Jahren bleiben die Aufwendungen im sozialen Bereich auf hohem Niveau, weil unsere Stadt nach wie vor große Sozial- und Integrationsleistungen erbringt und weil wir nach wie vor im Strukturwandel stecken.

Die 138 Millionen Euro im Bereich der sozialen Leistungen die wir erbringen und von denen wir 62 Millionen aus unserem städtischen Haushalt tragen sind ein fetter Batzen. Aber, es geht um die Menschen hier und es geht darum, ihnen ein würdiges Leben und Teilhabe zu ermöglichen. Das tun die Mitarbeiter:innen der Ämter und der MainArbeit Tag für Tag und dafür danke ich ihnen.

Ein Posten, der mich besonders bedrückt und an dem wir uns vorgenommen haben etwas zu ändern sind die Ausgaben für die monatlich mehr als 500 Menschen, die die Stadt wegen Wohnungslosigkeit in Notunterkünften unterbringen muss. Wir wollen mit der Wohnungssicherungsstelle präventiv dagegen arbeiten und ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr einen Haushalt beschließen, der eine Position „Wohnungssicherungsstelle“ beinhaltet.

Kurzfristig müssen wir dafür sorgen, dass die nun deutlich mehr Menschen, die ab dem 1.1.23 Anrecht auf Wohngeld bekommen, nicht nur das Anrecht, sondern auch das Geld bekommen. Deshalb werden kurzfristig neue Stellen beim Wohnungsamt geschaffen und weitere Personalressourcen bereitgestellt. Ich hoffe, dass wir damit schnell den riesigen Berg an Anträgen abtragen können, der zu erwarten ist. Ich persönlich hätte mir hier gewünscht, der Bund hätte zumindest für eine Übergangsfrist eine unbürokratische Lösung gefunden, die nicht so sehr die Kommunalverwaltungen belastet.

Unsere Zukunft, das sind unsere jungen Menschen, die vielen Kinder und Jugendlichen in unserer jungen Stadt. Und weil wir zukunftsgerichtet investieren wollen, ist es auch klar, dass wir da investieren, wo es die Bedingungen für unsere Jugend verbessert. Nach Erträgen stehen unter dem Strich im Produktbereich Kinder, Jugend, Familie des Ergebnishaushaltes Kosten von 107 Millionen Euro, die die Stadt aus eigenen Mitteln zu tragen hat.

Die Hälfte davon mit 54 Millionen sind Zuschüsse für die Betriebskosten der Kindertagesstätten. Gerade hat eine bundesweite Bildungsstudie wieder belegt, dass in den Kitas die Grundsteine für die Bildungs- und dann die berufliche Karriere gelegt werden. Wenn wir da sparen würden, wäre es der absolut falsche Platz. Deshalb war für uns auch klar, dass wir den Übergang für die Sprachkitas im Zweifel aus städtischen Mitteln stemmen würden. Zum Glück gibt es da jetzt eine Lösung zwischen Bund und Land und die geplante Million muss nicht aufgewendet werden.

Kinder und ihre Familien brauchen jedoch von Anfang an einen guten Start und deshalb bin ich heute total froh, dass ein zweiter Krabbeltreff mit Babylotsen nun auch beim Kettelerkrankenhaus eingerichtet wird. Die 310.000 Euro jährlich helfen unseren jungen Familien gut ins gemeinsame Leben zu starten.

Wir werden eine halbe Stelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention schaffen und damit den Schutz von Frauen vor Gewalt noch energischer verfolgen. Natürlich verfolgen wir auch weiter das zentrale Projekt, ein größeres Frauenhaus mit mehr Platz zur Verfügung zu stellen.

Diskriminierung darf in unserer bunten Stadt keinen Platz haben. Deshalb sind wir froh, diese wichtige Aufgabe im kommenden Jahr auf hauptamtliche Schultern übertragen zu können und freuen uns, wenn die 0,7 Stelle, die dafür im Stellenplan vorgesehen ist, im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen wird. Bis dahin ist noch etwas Konzeptarbeit zu leisten.

Die Bedeutung unserer Kinder und Jugendlichen spiegelt sich nicht nur im Ergebnishaushalt, also in konkreter Arbeit, die dieser Gruppe zugutekommt. Sie findet sich auch bei den Investitionen wieder. Erst letzte Woche wurde der Grundstein für das neue Familienzentrum mit JUZ und Hort im Lauterborn gelegt. Wir hoffen das im nächsten Jahr zu eröffnen und bis dahin sollen noch 4,7 Millionen Euro in Beton, Dachziegel und Möbel investiert werden. Damit bauen wir in den jungen, bunten und armen Lauterborn einen Leuchtturm, der den sozialen Zusammenhalt im Quartier stärkt und das klare Zeichen setzt: Alle Offenbacher:innen sollen gute Startbedingungen haben!

Besonders freue ich mich, dass wir auch mit der Sanierung von Spielplätzen vorankommen. Nachdem wir da vor einigen Jahren einen regelrechten Stau hatten, werden jetzt in guter Regelmäßigkeit neue Projekte angegangen und welche fertiggestellt. Dafür einen herzlichen Dank an die Mitarbeitenden und Verantwortlichen in Amt 60. Für nächstes Jahr sollen sechs Spielplatzprojekte angegangen werden mit einem Gesamtvolumen von über 700.000 Euro.

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