Rede unserer Stadtverordneten Patricia Bhend zum Grundsatzbeschluss über die Nachnutzung des historischen Stellwerks

Stellwerk Offenbach
Stellwerk Of in Offenbach (Main) Hbf. Bauform: Sp Dr L20, wohl das zweite Stellwerk dieser Bauform. Inbetriebnahme 16.09.1966). Aufnahme 09/1997. Quelle: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Eine gute Nachricht für die Offenbacher Stadtgesellschaft: Die Entwicklung der Gegend rund um den Offenbacher Hauptbahnhof und den Bahndamm nimmt Gestalt an. Schon seit vielen Jahren ist es ein Herzensanliegen für uns Grüne, die KOA und viele Offenbacher Bürger:innen im dicht bebauten Senefelder Quartier mehr Aufenthaltsqualität und Begegnungsräume zu schaffen. Hier einige Schritte, die wir auf dem Weg zu diesem Ziel bereits gegangen sind:

Erstens. Die Initiative Hauptbahnhof Offenbach setzt sich seit 2017 dafür ein, dass das Bahnhofsgebäude saniert und wiederbelebt wird. Im Januar 2023 haben wir hierzu einen Grundsatzbeschluss gefasst, und die Stadt steht mit der Deutschen Bahn in Gesprächen zu einer baldigen und dringend notwendigen Reaktivierung des Empfangsgebäudes, leider bisher ohne konkrete Ergebnisse.

Wir Grünen wünschen uns sehr, dass bald wieder Bewegung in den Prozess kommt und das markante Bahnhofsgebäude in nicht allzu ferner Zukunft saniert und gemeinwohlorientiert genutzt werden kann!

Zweitens, und wesentlich erfreulicher: Für die Umgestaltung des angrenzenden Busbahnhofs wird – mit Mitteln aus dem Förderprogramm Sozialer Zusammenhalt (früher HEGISS) finanziert – in diesem Jahr ein Ideenwettbewerb gestartet. Das haben wir im vergangenen Februar beschlossen. Das Areal soll ein moderner Mobilitätshub und durch Entsiegelung und deutlich mehr Grün (so hoffen wir) gleichzeitig ein attraktiver Treffpunkt werden.

Und Drittens, auch sehr positiv: In unmittelbarer Nachbarschaft hat das Land Hessen 2023 die ‚Alte Post‘ an der Marienstraße erworben. Das Studierendenwerk Frankfurt wird dort ein Studierendenwohnheim errichten. Das bestehende Gebäude, ein Kulturdenkmal aus den dreißiger Jahren, wird totalsaniert und umgebaut, dann folgt ein Neubau auf dem Grundstück. Zum Wintersemester 2027 können dann hoffentlich die ersten Studis einziehen!

Alle drei Projekte, Hauptbahnhof, Busbahnhof und Alte Post haben natürlich auch Einfluss auf Attraktivität und Nutzung des Grundstücks Bismarckstraße 118, um das es heute geht. Und alle drei zeigen: Im Bahnhofsumfeld steckt ein großes Potenzial, das wir endlich heben.

Ende 2018 haben wir das Grundstück Bismarckstraße 118 inklusive des alten Stellwerks gekauft. Anfang 2021 haben wir auch im Rahmen des Städtebauförderprogramms ‚Sozialer Zusammenhalt‘ die Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs für das Planungsgebiet ‚Umfeld Bismarckstraße 118‘ beschlossen. Im September 2022 wurden die Ergebnisse dann öffentlich vorgestellt, und die konkrete Planung eines Neubaus als gemeinschaftliches Wohnprojekt begann.

Von Anfang an hatten die Planenden die Vorgabe die Nutzung des alten Stellwerks in Verbindung mit dem Neubau zu denken. Das Ergebnis ist wohldurchdacht, kosteneffizient und fördert Gemeinschaft: Im Neubau enthalten ist im Erdgeschoss eine Multifunktionsfläche mit Küche und Toilettenanlage mit knapp 130 qm. Sie ist nicht Teil des gemeinschaftlichen Wohnprojekts, sondern soll in Verbindung mit dem alten Stellwerk und der öffentlichen Fläche dazwischen öffentlich genutzt werden. Multifunktionsfläche und altes Stellwerk werden – zusammen oder getrennt – an Nutzergruppen ohne kommerziellen Hintergrund vermietet. Das Nutzungskonzept mit gestaffelten Mieten wird es auch Vereinen oder Projektgruppen mit geringen Finanzmitteln ermöglichen die Flächen zu mieten und sie kulturell zu beleben. Damit schaffen wir im Herzen von Offenbach ein Zentrum für Gemeinschaft und Kreativität.

Worüber stimmen wir heute ab? Im ersten Schritt soll das historische und denkmalgeschützte Stellwerk für 680.000 Euro saniert werden, 90% davon mit Fördermitteln. Das Gebäude verfügt auf drei Ebenen über eine Fläche von 147 qm. Das alte Stellwerk stammt aus den frühen Tagen der Bahn Ende des 19. Jahrhunderts. Der Aufbau, der stilistisch nicht so wirklich zum Rest des Gebäudes zu passen scheint, entstand um 1920, als der Bahndamm gebaut und die Gleise höhergelegt wurden. Das Stellwerk kann ohne aufwändige und teure Sanitärinstallationen saniert werden, da die Sanitäranlagen des benachbarten Neubaus bei Veranstaltungen von außen zugänglich sind. Es entsteht eine ungewöhnliche und attraktive Location mit Außenbereich als sozialer Treffpunkt, für kulturelle Veranstaltungen, für Initiativen und Vereine.

Mein Fazit: Es geht voran mit dem Gelände am Bahndamm. Mit dem geplanten Neubau geben wir Raum für ein gemeinschaftliches Wohnprojekt, das mit ca. 40 engagierten Bewohner*innen und einer modernen Form des Zusammenlebens zur Belebung des Quartiers beitragen wird. Mit der Sanierung des alten Stellwerks schaffen wir einen Möglichkeitsraum für vielfältige kulturelle Veranstaltungen für den gesamten Stadtteil.

Ich freue mich darauf und bitte um breite Zustimmung für diesen Antrag – vielen Dank!

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