Sehr geehrte Damen und Herren,
die Personal- und Finanzsituation ist schwierig – und das nicht nur bei uns. Viele Kommunen, viele in der Politik, haben gehofft: Vielleicht wird der Ganztagsausbau ja doch nochmal verschoben. Auch manche Grundschule hat diese Hoffnung geteilt. Überall hört man: Es fehlt an allen Ecken und Enden! Geld, Personal, Strukturen. Der Bund gibt uns eine weitere Aufgabe – und wir sollen sie schultern. Und viele sagen: Wir schaffen das nicht rechtzeitig. Das sei zu viel.
Aber: Der Ganztag kommt 2026 an die Grundschulen.
Für manche wirkt das, als würde es unerbittlich und mit der Brechstange passieren. Und ja – es fehlt tatsächlich noch an vielem. Aber für mich ist ganz klar: Es ist gut, dass der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung endlich kommt.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten gesehen: Wenn alle immer nur warten, bis alles gut vorbereitet ist dann passiert zu wenig. Es gibt Generationen von Frauen, die kürzer getreten sind, um das klassische Modell möglich zu machen: Mittags zu Hause sein. Essen auf dem Tisch. Hausaufgaben betreuen. Und am Nachmittag dann zum Sport. So war das lange. Und vielerorts ist es heute noch so.
Heute arbeiten viele Eltern – auch Mütter – in Vollzeit. Was ihnen aber oft fehlt, ist die Sicherheit einer ganztägigen Betreuung auch nach der Kindergartenzeit. Ja – viele Schulen, viele Kommunen sind heute schon viel weiter als früher, auch viele Schulen in unserer Stadt. Aber, das reicht noch nicht.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
so sehr ich mich über den nahenden Ganztag freue, so sehr ist es für mich ein Wermutstropfen, dass es künftig keine Horte mehr in Offenbach geben wird (und auch sonst vermutlich fast nirgends mehr). Ich selbst war ein Offenbacher Hortkind. Ich würde mir auch für künftige Generationen eine so tolle Zeit wünschen, wie ich sie damals in der Marienstraße hatte. Oder wie viele Kinder sie heute in Horten und Ganztagsklassen haben. Meinen Erzieher:innen von damals und den Erzieherinnen von heute möchte ich Danke sagen für ihre Arbeit und ihren Einsatz.
Das wird es in dieser Form so nicht mehr geben. Denn als ich in den Hort ging, war das die Ausnahme. In meiner Klasse gab es zwei Hortkinder. Bis 2030 rechnen wir mit rund 5.500 Kindern im Ganztag, also 80 %.
Was kommt, ist also eine sehr große strukturelle Veränderung. Bei der uns jedes Kind gleich viel wert ist und jeder Platz mit dem gleichen Betrag gefördert wird. Es ist auch eine riesige organisatorische und pädagogische Aufgabe. Einige Schulen müssen sich sehr schnell auf den Weg machen für ein tragfähiges Konzept, sie wissen nun, womit sie von unserer Seite rechnen können: 500 Euro pro Kind und Schuljahr.
Ich weiß, dass der Ganztag von manchen Lehrkräften skeptisch gesehen wird. Auch pädagogische Vorbehalte gibt es. Dabei ist seit vielen Jahren an den Unis klar bekannt: mehr gemeinsame Schulzeit sorgt für mehr Chancengerechtigkeit. Und genau diese Möglichkeit wollen wir nutzen. Denn ganztägige Bildung ist eine große Chance. Für entlastete Familien, für die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen und vor allem für Kinder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Für uns als Stadt bedeutet das alles auch eine finanzielle Kraftanstrengung, über die wir heute abstimmen. Die Mittel, die bisher in die Horte geflossen sind hätten durchaus auch manche Haushaltslücke schließen können. Zumal: Für das Thema Schule ist ja vorrangig das Land zuständig. Um unsere Aufgabe, den Ausbau der Räume für den Ganztag, kümmern wir uns bereits.
Aber wir drücken uns nicht, weil das klar ist in unserer Stadt: Bildung bleibt Priorität. Also haben wir uns in der Koalition klar verständigt: Das Hortgeld – fast 7 Millionen Euro jährlich – bleibt. Für den Ganztag, für die Jugendhilfe und für die Ferienbetreuung an Grundschulen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich bitte um Zustimmung zur Vorlage.
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