Rede unseres Fraktionsvorsitzenden zum Antragspaket „Wohnen“ in der Stadtverordnetenversammlung 24. Juni 202224. Juni 2022 Fraktionsvorsitzender Tobias Dondelinger Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, das Thema „Wohnen“ und die Bereitstellung von angemessenem Wohnraum für Alle Offenbacher:innen ist eines, das die Kommunalpolitik und auch mich in meiner Arbeit schon seit Jahren begleitet. Und wir werden auch nicht aufhören können das zu bearbeiten, weil es eine sich ständig entwickelnde Thematik ist. Umso mehr freue ich mich, dass wir heute ein Antragspaket vorlegen, dass verschiedene Facetten des vielfältigen Themas adressiert. Ich möchte in der Folge vor allem zwei Anträge vorstellen, nicht weil die anderen weniger wichtig wären, sondern weil wir in der Koalition arbeitsteilig vorgehen. Daher auch nur ganz kurz: Zu allen Offenbacher:innen zählen natürlich auch diejenigen, die knapp über der Einkommensgrenze für sozial geförderte Wohnungen liegen, für die es aber trotzdem eine Herausforderung ist am Mietmarkt zu bestehen. Und auch diejenigen, die sich einfach wünschen, in einem angemessenen und nicht runtergekommenen Wohnumfeld zu leben, haben ein gutes Recht darauf, dem wir gerne abhelfen. Konkreter eingehen möchte ich aber auf die Anträge zur Wohnungssicherungsstelle und zur Überarbeitung der Förderrichtlinie zum Erwerb von Belegungsrechten. Zunächst zur Wohnungssicherungsstelle: Vor ein paar Jahren gab es bei den Grünen Offenbach eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit und damals hat mich eine Frage zum Nachdenken gebracht: „Wo rufe ich denn in der Stadt Offenbach an, wenn ich kurz davor stehe, meine Wohnung zu verlieren?“ So einfach die Frage war, so kompliziert war und ist die Antwort: „Kommt drauf an!“ Vielleicht erstmal beim Wohnungsamt? Beim Sozialamt? Oder doch der MainArbeit? Bei einem Anwalt? Vielleicht auch gleich in der Gerberstraße bei der Obdachlosenhilfe der Diakonie? Die Antworten können alle richtig sein und vielleicht gibt es noch ein paar andere richtige Antworten. Und darin zeigt sich: Obwohl die Antworten stimmen, sind sie nicht die Antwort.Wer im Begriff steht seine Wohnung zu verlieren, der hat meistens nicht nur dieses eine Problem: „Ich hab meine Miete so und solange nicht bezahlt.“ Wem die Wohnungs- oder Obdachlosigkeit droht, der hat sehr oft ein ganzes Bündel von Aufgaben und Herausforderungen mit sich herumzuschleppen, so dass die Antwort auf seine Frage: „Wo wende ich mich denn jetzt hin und was mache ich denn jetzt?“ viele Schichten und Facetten hat. Ein Mensch, der im Begriff ist, sein Basisbedürfnis, ein Dach über dem Kopf zu haben, nicht mehr selbst erfüllen zu können, so ein Mensch ist sehr oft in seiner Situation überfordert und er braucht einfache und schnelle Unterstützung. Was dieser Mensch nicht braucht, ist ein Marathonlauf von Behörde zu Behörde. Ihm fehlt auch oft die Kraft für diesen Marathon. Gleichzeitig ist so ein Mensch, wenn er aus der Ausnahmesituation wieder raus ist, wenn er den Knoten seiner Probleme und Herausforderungen entwirrt hat, auch wieder sehr oft selbst in der Lage, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern und seine Wohnung zu bezahlen. Anstatt Menschen, in die Wohnungs- oder Obdachlosigkeit abrutschen zu lassen, aus der der Weg zurück in die eigenen vier Wände häufig unglaublich schwer ist, wollen wir vorher unterstützen. Wir wollen eine Telefonnummer und eine Anlaufstelle bieten, wo sich Menschen, die ihre Wohnung zu verlieren drohen hinwenden können, oder auch ihre Vermieter. Andernorts gibt es dieses Instrument bereits und es ist ein wichtiger Bestandteil des sozialen Unterstützungssystems dieser Städte. Wir wollen das auch für Offenbach und wir sind überzeugt, dass sich das für jeden einzelnen der monatlich im Durchschnitt über 500 Wohnungslosen in Offenbach lohnt und dass wir damit einige Menschen davor bewahren können, Teil dieser Statistik zu werden. Und wo wir schon bei Zahlen sind: Wenn diese Erwartung so eintrifft, dann ist das nicht nur gut für die Menschen, sondern auch für die Stadtkasse, die Jahr für Jahr Millionenbeträge bereitstellt, um wohnungslosen Menschen eine Unterkunft zu bieten, aber leider kein Zuhause. Wir haben hier einen guten Antrag und werden damit unsere Stadt ein Stück weit menschlicher und besser machen. Deshalb freuen wir uns über breite Zustimmung. Dem Änderungsantrag der FW stimmen wir ohne Begeisterung zu. Wir würden es begrüßen, wenn nicht zu jedem Antrag noch Ergänzungen gemacht werden, die eh Usus sind, aber wir haben auch keine Lust auf das ewige Gejammer der FW. Da es unschädlich ist und eh passiert, stimmen wir zu, aber persönlich finde ich, die FW könnte ihre Energie auch in Dinge setzen, die Veränderungspotential haben. Nun zur Förderrichtlinie:Förderrichtlinien sind erstmal trocken klingende Themen und meist sind solche Themen auch sperrig in der Vermittlung. Ich will es trotzdem versuchen. Es lohnt sich nämlich, sich mit diesen Themen näher zu befassen!Denn mit Förderrichtlinien wird Geld bewegt. Und mit Geld kann man die Welt ändern. In unserem Fall wird Geld dazu genutzt, Belegungsrechte für sozial geförderte Wohnungen zu erwerben. Wer sich also beklagt, dass es zu wenige Sozialwohnungen gibt, der sollte einen Blick auf die Förderrichtlinie werfen, die die Verausgabung dieses Geldes organisiert. Wir schaffen es in Offenbach dank des Engagements des Landes, das in den vergangenen Jahren viele Belegungsrechte in der Stadt gekauft hat, dank des Einsatzes der GBO, die jüngst alle auslaufenden Belegungsrechte verlängert hat und dank des Einsatzes der Stadt, die Quote an sozial geförderten Wohnungen stabil zu halten. Das reicht aber nicht. Der Bedarf übersteigt das Angebot und dass wir eine Wohnungssicherungsstelle brauchen hat auch damit zu tun. Und wenn diese Stelle vernünftig arbeiten soll, dann muss es auch Wohnungen geben. Außerdem erscheint es vor dem Hintergrund des verstärkten Engagement des Landes in den vergangenen Jahren sinnvoll, eine Förderrichtlinie zu erstellen, die auch die Förderkulisse des Landes ins Kalkül zieht und darauf reagiert. Die Belegungsrechte, die aktuell erworben werden laufen unter normalen Umständen zehn Jahre. Danach dürfen die Wohnungen am Markt ohne Preisbindung vermietet werden. Das bringt uns Kommunen in die Situation, dass es ein ständiges „Hinterherbauen“ hinter den ablaufenden Bindungen gibt. Das System macht zwar so meiner Meinung nach keinen Sinn, aber daran ändere ich von Offenbach aus nichts. Woran wir über die Förderrichtlinie was ändern können ist die Belegungsdauer. Damit kommen wir nicht raus aus dem Hamsterrad, aber das Rad dreht sich etwas langsamer. Das sollten wir deshalb tun! Wir wollen auch, dass Förderlücken geschlossen werden. So wurde uns auf eine frühere Anfrage erklärt, im Bereich barrierefreie Wohnungen für körperlich eingeschränkte Personen, die jedoch nicht auf den Rollstuhl angewiesen sind bestehe eine Förderlücke, die durch entsprechende Änderungen geschlossen werden könnte. Aus unseren Gesprächen mit Träger:innen der Wohnungshilfe wissen wir, dass es bei Wohnungen für große Familien einen eklatanten Mangel gibt und diese kaum vermittelbar sind innerhalb unserer Stadt. Das müssen wir ändern. Und wir können es, wenn wir dafür sorgen, dass solche Wohnungen Teil der Förderrichtlinie werden. Das sind nur zwei Beispiele die zeigen, wir ändern nur eine Richtlinie. Aber in der Realität kann dies bewirken, dass in absehbarer Zeit eine große Familie auf der Suche nach einer passenden sozial geförderten Wohnung oder ein Mensch, der eine barrierefreie Wohnung sucht, sowas auch findet und nicht aus der Stadt wegziehen muss. Das heißt, mit unserer Förderrichtlinie bewegen wir das Geld so, dass dies ganz konkret die Welt echter Menschen ändert und zwar zum Guten. Denn was gibt es besseres, als in Offenbach leben zu können? So geht Wohnungspolitik für alle Offenbacher:innen. Ich bedanke mich herzlich bei den Partner:innen der Koalition für den guten Prozess bei der Erstellung der Anträge und freue mich, dass wir insgesamt heute ein rundes Paket zum Thema Wohnen vorlegen können.