Rede unseres Fraktionsmitglieds Dr. Sybille Schumann zum Beitritt zum Wasserverband Hessisches Ried

Dr. Sybille Schumann
Stadtverordnete Dr. Sybille Schumann

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute werden wir dem Wasserverband Hessisches Ried beitreten. Und um es vorneweg zu nehmen, auch wir Grünen werden selbstverständlich zustimmen, so wie sicherlich die Mehrheit des Hauses.

Doch mir ist es sehr wichtig, dass allen hier Beteiligten klar ist, dass dies zum einen mit einer zukünftigen Wassergebührenerhöhung einhergehen wird, zum anderen mit einer Qualitäts- und auch Geschmacksveränderung für unser Trinkwasser. Und dass nun bitte niemand der hier Anwesenden annimmt, dass damit unsere Wasserversorgung gesichert ist, und wir weiter machen könnten wie bisher – ohne Anpassungen unserer Verbrauchskonzepte und Wasserbevorratung für Brauchwasser. Denn das Trinkwasserproblem ist ein Klimaveränderungsproblem. Und dieses schreitet voran, mit all seinen Extremen.

Und wer sich das persönlich vor Augen führen will, dem empfehle ich einen Spaziergang im Wald. Wo nämlich jeder, wirklich jeder erkennen kann, dass der Wald vertrocknet. Daran wird auch der aktuelle November mit seinen positiven Niederschlagsrekorden nichts ändern. Denn, und wer hätte gedacht, dass ich einmal unsere ehemalige Bundeskanzlerin Merkel zitiere „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“. Fakt ist, dass es in Deutschland immer heißer wird und die Niederschlagsverteilung extremer,  und wir eigentlich mehr einfach verfügbares Wasser bräuchten (z.B. für Bewässerung), aber immer weniger Wasser verfügbar ist. Schon, weil der Anteil des in der Atmosphäre gebundenen Wassers bei höheren Temperaturen höher ist. Pro Grad °C Temperaturerhöhung werden ca 7% mehr Wasserdampf in der Atmosphäre gehalten.  Das Wasser ist also nicht weg – aber es ist in einem anderen Teil des Wasserkreislaufs gebunden.

Warum wird es prognostisch zu einer Erhöhung der Wassergebühr (pro m³ oder auch dem Grundpreis), Qualitäts- und Geschmacksveränderungen kommen?

Zum einen (und das ist ein rein fiskalischer Grund), weil der bauliche Anschluss an den Wasserversorger Hessisches Ried, platt gesagt der Anschlussleitungsbau/ die Erneuerung viel Geld kosten wird.

Zum anderen, weil die Aufbereitung des Wassers, welches aus dem Rhein entnommen, dann im Ried versickert, und dann gepumpt und aufbereitet werden muss, einfach viel aufwändiger ist als bei die Trinkwasser-Aufbereitung der ZWO. Dazu braucht man im übrigen kein Experte zu sein, um sich das vorzustellen. Bei dem einen Wasser handelt es sich um Rheinwasser, also Flusswasser (ein Gemisch aus Gletscherwasser, Seewasser (mit Bade- und Schiffbetrieb), Grundwasser, Abwässern aus Kläranlagen von chemischen Betrieben, Städten und Gemeinden, Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen mit Pestizid- und Düngerfracht), was zunächst zu einer Qualität aufbereitet wird, dass es in den lokalen Grundwasserspeicher neben dem Fluss versickert werden kann (sogenannte Brauchwasserqualität).  Für den Prozess empfehle ich das entsprechende Youtube Video des WHR. Nach der Entnahme aus dem Grundwasser erfolgt dann die Trinkwasseraufbereitung.

Bei dem aktuellen ZWO-Wasser hingegen handelt es sich um Niederschlagswasser, was natürlich auf landwirtschaftliche Flächen und vorwiegend Wald fällt,  dann versickert, entnommen und aufbereitet wird (und das praktisch sehr reduziert, nur mit einem Sandfilter ohne weitere Aufbereitungs-Prozesse).

Schon aufgrund der Zusammensetzung der Wässer kommt es also zu unterschiedlich aufwändiger Aufbereitung und damit hohen Kosten und auch zu einem anderen Geschmack und Qualität des Wassers. Natürlich muss das als endgültig von der ZWO dann gelieferte, für OF aus ZWO und Riedwasser gemischte Wasser die Qualitätsstandards für Trinkwasser einhalten. Nur die Aufbereitung ist halt aufwändiger.

Warum ist das Mengenproblem nicht nachhaltig gelöst und warum müssen wir weiterhin an dem Verbrauchskonzepten und der Bevorratung arbeiten?  Zum einen ist die Menge, welche über den HWR bezogen werden soll auf 3 Mill. m³ (also ca. plus 15%) begrenzt. Für den ganzen ZWO, d.h. nicht für Offenbach Stadt exklusiv sondern richtiger Weise für das Versorgungsgebiet des ZWO. Zum anderen brauchen wir eigentlich mehr Wasser, das habe ich ja oben schon ausgeführt, – wenn wir uns nicht anpassen. Da gehen wir ja mit unserer Schwammstadtstrategie glücklicherweise schon in die richtige Richtung, und ich bin SOOOOOO froh, dass wir uns zu dieser in Offenbach bekennen.

Denn es gibt es noch einen weiteren Punkt, warum wir auch über den WHR uns sein Verfahren nicht darauf verlassen werden können, dass uneingeschränkt und vielleicht noch mehr Wasser einfach so geliefert werden kann: Auch die Menge des Wassers, welches dem Rhein entzogen und versickert und als Brauch- oder Trinkwasser aufbereitet werden kann ist begrenzt und wird aufgrund der Klimaerwärmung immer weniger werden und nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen!

Denn das Regime des Rheins wird sich durch die Klimaerwärmung verändern und es werden auch andere Nutzer:innen stärkeren Bedarf an der Rheinwasserentnahme haben:

1. Der Rhein speist sich in der Quelle aus Gletschern – und diese Quelle wird bald so nicht mehr existieren.

2. Die Grundwasseranbindung des Rheins wird sich verändern. Es wird mehr infiltriert (vom Rhein ins Grundwasser) als ex-filtriert werden als zuvor – denn die Grundwasserstände sinken und dies heißt, es ist davon auszugehen, dass im Rhein weniger Wasser verfügbar ist.

3. Es hängen weitere Gemeinden an der Trinkwasserversorgung aus dem Rhein. Zu nennen wäre große Teile Süddeutschland, inklusive die Region um Stuttgart über die Bodenseefernwasserversorgung. Auch hier wird mehr Wasser benötigt werden.

4. Das Flusswasser wird außerdem für industrielle Prozesse und insbesondere für die Kühlung von Kraftwerken benötigt

5. Es regnet zum Teil monatelang nicht mehr im Sommer. Die Zuflüsse des Rheins haben auch zu wenig Wasser und das bringt Probleme für die Schifffahrt. Schon jetzt mussten die Frachtschiffe teilweise mit weniger Fracht beladen werden, da die Wassermenge im Rhein nicht mehr ausreichend war, um eine tief genuge Fahrrinne zu haben. Und der Rhein ist eine Bundesschifffahrtsstraße!

So, liebe Kolleginnen und Kollegen: Jetzt können Sie der Vorlage zustimmen!

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