Rede unserer Stadtverordneten Dr. Sabrina Engelmann zum Antrag „Gebührenordnung für die Benutzung von Parkscheinautomaten und Parkuhren der Stadt Offenbach am Main“ 13. Dezember 202213. Dezember 2022 Stadtverordnete Dr. Sabrina Engelmann Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche jetzt zu einem Magistratsantrag mit dem wenig poetischen Namen „Gebührenordnung für die Benutzung von Parkscheinautomaten und Parkuhren der Stadt Offenbach am Main“. Der Antrag hat allerdings nur am Rande mit der Benutzung von Parkscheinautomaten und Parkuhren zu tun. Zentral ist an diesem Antrag die Erhöhung der Gebühr für die Ausstellung von Bewohnerparkausweisen. Dass dies nicht im Titel schon steht, ist dabei keinesfalls der Versuch der Verwaltung, eine solche Erhöhung zu verheimlichen, sondern ergibt sich schlicht aus den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Erhöhung einer solchen Gebühr. Bis 2020 galt nämlich eine bundeseinheitliche Festlegung, dass die Gebühr zwischen 10,20 Euro und 30,70 Euro liegen darf. Die eine oder der andere mag sich jetzt über die etwas krummen Zahlen wundern, die man so von Gebührenordnungen nicht gewohnt ist. Das liegt nämlich an der Umrechnung des ursprünglichen DM-Betrages in Euro. Ursprünglich war die Spannbreite nämlich zwischen 20 und 60 DM festgelegt. Tatsächlich habe ich mich ein wenig auf die Suche gemacht und die älteste Version der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr, die ich finden konnte, die genau diese Zahlen enthält, ist von 1993. Das heißt, dass bundesweit diese Gebühr mindestens seit 29 Jahren nicht erhöht wurde, eine Erhöhung über die 30,20 Euro also auch in Offenbach nicht möglich war. Übrigens: in den letzten knapp 20 Jahren sind die Tickets für den öffentlichen Nahverkehr um fast 79 % gestiegen. Doch warum erhöhen wir die Gebühr für den Bewohnerparkausweis überhaupt? Nun, schon dadurch, dass es so lange keine Erhöhung geben konnte, entsprechen die Einnahmen nicht im Geringsten den ihnen gegenüberstehenden Kosten. Allein der Verwaltungsaufwand, der damit verbunden ist, ist in der Regel höher als die 30 Euro jährliche Gebühr. Eine arme Stadt wie Offenbach zahlt somit bei jeder Ausstellung eines Bewohnerausweises drauf. Das kann nicht sein. Doch der Verwaltungsaufwand ist nur ein Teil der Kosten, die der Stadt durch das Parken im öffentlichen Raum in den Stadtteilen mit sogenanntem erheblichem Parkraummangel, entstehen. Es gehören auch die Erstellungskosten jedes Parkplatzes dazu (So schlägt ein Stellplatz am Straßenrand nur in der Herstellung schon mit circa 1.500 Euro zu Buche). Dazu kommen noch die Betriebskosten (also die Instandhaltung, die Reinigung, die Entwässerung, die Beleuchtung und der Winterdienst), dazu kommen die Beschaffung und Aufstellung von Verkehrszeichen sowie die Überwachungskosten für die Kontrolle, um sicherzugehen, dass wirklich nur die Bewohner:innen eines Stadtteils in den entsprechenden Zonen parken. Für Berlin gibt es eine grobe Schätzung, dass die Bereitstellungskosten etwa 220 Euro jährlich betragen. Alle diese Kosten sind von den 30 Euro jährlich natürlich nicht annähernd gedeckt. Auch das Argument, dass Autobesitzer:innen ja Kfz-Steuer zahlen, kann hier nicht gelten, da diese bei Weitem nicht die enormen Kosten deckt, die der motorisierte Individualverkehr insgesamt verursacht. Auch die Kosten für die Parkplätze auf der Straße über die Straßenbeiträge querfinanzieren zu lassen, macht keinen Sinn, denn diese müssen alle Anwohner:innen tragen, egal ob sie überhaupt Autos haben oder nicht und egal, ob sie auf der Straße parken oder nicht. Das ist nicht gerecht. Bisher kostete für ein Auto ein Bewohner-Parkausweis in Offenbach 8 Cent pro Tag. Vergleicht man dies mit einem ebenfalls 12 m2 großen Marktstand oder einer Sondernutzung auf einem Parkplatz für die Außengastronomie sieht man wie unglaublich groß der Unterschied ist. Ich habe das nämlich mal für Offenbach mit den geltenden Gebühren ausgerechnet. Ein Marktstand in dieser Größe kostet 24,20 Euro pro Tag oder 3.440 Euro pro Jahr. Die Außengastronomie, bei der kein Strom oder sonstiges zur Verfügung gestellt wird, kostet im Jahr 252 Euro. Und das darf man nicht vergessen – bei diesen beiden Nutzungsformen des öffentlichen Raumes haben viele Menschen etwas davon. Von einem im öffentlichen Raum abgestellten Auto hat nur der oder die Halter*in etwas. Die Gebühr für einen Bewohnerparkausweis wird in Offenbach also steigen, und zwar auf 75 Euro jährlich. Das heißt, statt 8 Cent pro Tag, zahlen die Offenbacher:innen in den entsprechenden Stadtteilen nun 20 Cent pro Tag. Im Vorfeld wurde darüber diskutiert, ob die Erhöhung zu hoch sei (obwohl es auch Stimmen gab, die sagten, das sei nicht hoch genug). Rechnet man das Ganze in Prozent, ist es eine 150 %-ige Erhöhung. Ob jedoch eine prozentuale Darstellung angemessen ist, wenn der Ausgangsbetrag 8 Cent pro Tag sind, sei einmal dahingestellt. Gegen die Erhöhung wird auch immer wieder ins Feld geführt, dass einkommensschwache Autobesitzer:innen nun ein Problem bekämen. Doch man sollte sich bewusst machen, dass gerade mal die Hälfte der Haushalte, die ein geringes Einkommen haben, überhaupt mit dem Auto mobil ist. Zudem macht der bisherige Bewohner-Parkausweis nur 1 Prozent der jährlichen Gesamtkosten eines Autos aus, selbst wenn man ohne den Kraftstoff rechnet. Ich habe daher das Gefühl, dass hier die Sorge um einkommensschwache Menschen häufig nur vorgeschoben ist. Die Möglichkeit extrem günstig in Wohnortnähe parken zu können ist auch ein Faktor, der dem Autofahren mit dem eigenen Auto gegenüber allen anderen Verkehrsarten einen deutlichen Vorteil verschafft. Da braucht es auch niemanden zu wundern, dass private Tiefgaragen und gewerbliche Parkhäuser nicht gut ausgelastet sind. Warum sollte man für deutlich mehr Geld sein Auto im Parkhaus parken? Wir Grünen streben an, dass letztlich die Preisverhältnisse für das Parken in Parkhäusern und im Straßenraum ausgewogen sein sollten. Das Parken in der Garage oder im Parkhaus hat klare Vorteile gegenüber dem Parken auf der Straße: das Auto ist überdacht und sicher untergebracht, der eigene Stellplatz ist einem sicher. Solange aber der Preisunterschied so eklatant ist wie jetzt, werden sich nur wenige Menschen umentscheiden. Und das heißt dann eben auch, dass nach wie vor ein Großteil des Straßenraums für die parkenden Autos reserviert bleibt. Und ja, es ist wirklich ein Großteil des Straßenraums. Eine Untersuchung in Graz hat ergeben, dass 92 % des öffentlichen Raums für private Autos genutzt werden (ohne Privatparkplätze und Garagen!). Lediglich 2 % des öffentlichen Raums entfallen auf Fahrradabstellplätze, 3 % sind Flächen, die für Zufußgehende bestimmt sind (dazu zählen auch Bänke, Straßencafés usw.), und 3% sind dem öffentlichen Nahverkehr gewidmet (inklusive Haltestellen und Bahnhöfe). Selbst wenn die Zahlen nicht eins zu eins auf uns in Offenbach übertragbar sind, so ist doch die Größenordnung sicherlich vergleichbar. Wir Grünen stimmen damit der Erhöhung der Gebühr zu, einerseits weil sie ein erster Schritt in Richtung Kostendeckung ist. Andererseits erhoffen wir uns eine Lenkungswirkung davon. Letztlich möchten wir den öffentlich Raum anders aufteilen als dies aktuell der Fall ist. Denn wenn weniger Platz für das Parken im öffentlichen Raum verschwendet wird, haben wir alle mehr Platz für die Dinge, die wir an einer Stadt schätzen. Wir haben Platz zum Gehen, Platz zum Verweilen und Sitzen, Platz für Gastronomie, Platz für Radwege, Platz zum Einkaufen, Platz für Bäume, Platz für Spielflächen. Wir Grünen halten daher eine Erhöhung der Gebühr für Bewohnerparkausweise geboten, finden die vorliegende Gebühr aber zu moderat. Wir hätten uns auch eine weitere Erhöhung der Gebühren vorstellen können, damit die erwähnte Lenkungswirkung deutlicher sein kann. In Wiesbaden etwa ist die Erhöhung auf 120 Euro bereits beschlossen. Aus dem gleichen Grund halten wir es für richtig, dass im nächsten Jahr die gesamte Satzung überarbeitet wird. Denn auch die Parkgebühren für Parkplätze mit Parkscheinautomat im öffentlichen Raum sind deutlich günstiger als in den Parkhäusern. Das Gegenteil würden wir uns jedoch wünschen, schon alleine weil Parkhäuser viel weniger wertvolle Fläche in der Innenstadt verbrauchen. Was lange falsch lief, muss also nicht weiter falsch laufen. Wir sind klüger geworden und setzen auf Zukunftsfähigkeit und Innovation. Bringen wir wieder eine Verhältnismäßigkeit in die Gebühren für die private Nutzung des öffentlichen Raums und sorgen so dafür, dass wir alle mehr vom öffentlichen Raum unserer Stadt haben. Bitte stimmen Sie der Vorlage zu. Vielen Dank!