Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleg*innen,
Bildungsbauten prägen uns. Ich selbst habe im Uni-Turm in Frankfurt studiert, ein brutalistischer Beton-Bau aus den 70ern, den einige von uns sicher noch kennen, auch wenn er heute nicht mehr steht. Dieser Turm hat in meinem Studium eine zentrale Rolle gespielt, obwohl oder vielleicht auch weil er so unansehnlich war. Wenn ich an mein Studium denke, denke ich also immer auch an den konkreten Ort, an dem ich studiert habe. Denn die Orte, an denen wir lernen, haben einen bedeutenden Einfluss darauf, wie und was wir lernen. Beim Neubau des Emmy-Noether-Gymnasiums wird ernst genommen, dass Räume nicht nur Kulisse für Bildung sind, sondern selbst Teil des Lernprozesses.
Was mich auch persönlich überzeugt, ist die architektonische Qualität dieses Gebäudes. Es ist nicht nur funktional – es ist auch ästhetisch anspruchsvoll. Die klare Struktur, die großzügige Belichtung und die ausgewählten Materialien schaffen eine Atmosphäre, die zum Lernen einlädt. Die neue Emmy-Noether-Schule wird in Lernclustern organisiert – also in räumlich zusammengefassten Einheiten mit Unterrichts-, Aufenthalts- und Teamräumen für jede Jahrgangsstufe. Dieses zukunftsweisende Konzept fördert eigenverantwortliches Lernen und stärkt die Zusammenarbeit im Kollegium. Es schafft eine lernfreundliche Umgebung, die pädagogische Vielfalt und individuelle Förderung ermöglicht.
Die Dachterrassen auf unterschiedlichen Ebenen als Schulhof sind dabei nicht nur eine kreative Lösung für die begrenzte Grundstücksfläche – sie sind ein echter Mehrwert. Sie bieten Raum für Bewegung, Rückzug, Austausch und sogar Unterricht im Freien. Die Bepflanzung ist ökologisch durchdacht: Wildstauden, Gehölze, Kletterpflanzen und kleine Bäume schaffen ein lebendiges Mikroklima und neue Lebensräume – für Insekten, für Vögel, und auch für die Schüler*innen- und Lehrer*innen. Der öffentliche Durchgang zum Quartierspark ist ebenfalls mehr als ein städtebauliches Detail. Er öffnet die Schule zur Stadt, schafft Verbindung und Begegnung – und enthält sogar eine öffentlich zugängliche Toilette. Ein kleines, aber wichtiges Zeichen für Offenheit und Alltagstauglichkeit.
Dank der hohen ökologischen Standards beim Bauen ist die Finanzierung über den „grünen Schuldschein“ der Stadt möglich. So erfüllt der Neubau den strengen KfW-40-Standard und benötigt damit nur 40 % der Energie eines konventionellen Schulgebäudes. Durch hochwertige Dämmung und moderne Gebäudetechnik werden die laufenden Betriebskosten deutlich gesenkt – ein echter Vorteil für den städtischen Haushalt. Gleichzeitig leisten wir damit einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz.
Das Emmy-Noether-Gymnasium steht weiterhin für ein pädagogisches Konzept, das Vielfalt nicht nur anerkennt, sondern aktiv fördert. Inklusion ist hier auch baulich kein Zusatz, sondern Grundprinzip. Das beginnt bei der barrierefreien Architektur und reicht bis zur individuellen Förderung im Unterricht. Besonders stolz sind wir auch auf den zur Namensgeberin passenden MINT-Schwerpunkt der Schule. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik vermitteln zentrale Kompetenzen, die für die Anforderungen einer sich verändernden Welt von großer Bedeutung sind.
Mit der noch zu überarbeitenden Umfeldgestaltung der Emmy-Noether-Schule verfolgen wir das Ziel, Sicherheit, Aufenthaltsqualität und ein qualitätsvolles Entrée zu schaffen. Denn mit dem Neubau und der Umfeldgestaltung schaffen wir Strukturen, die über lange Zeit den Alltag vieler Generationen prägen wird – und Fehler, die wir jetzt machen, bleiben lange sichtbar und wirksam. Für uns Grüne steht hier die Sicherheit der Schüler*innen (und der Kinder der Kita gegenüber) im Mittelpunkt. Dazu braucht es den Verzicht auf Parkplätze direkt vor der Schule, ein absolutes Halteverbot direkt vor der Schule, bauliche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung und geschützte Fuß- und Radwege. Erhält der Gehweg vor dem Gebäude einen Platzcharakter, kann auch ein Eingangsbereich entstehen, der funktional überzeugt und zugleich städtebaulich hohe Aufenthaltsqualität bietet.
Der Bau des Emmy-Noether-Gymnasiums ist ein starkes politisches Signal, auch weil Offenbach eine Stadt ist, die mit begrenzten finanziellen Mitteln haushalten muss. Wir investieren hier trotz unserer Haushaltslage in Bildung. Denn: Bildung hat Priorität in Offenbach. Dass wir über 127 Millionen Euro in die Hand nehmen, zeigt, wie ernst wir in dieser Koalition diesen Auftrag nehmen. Das tragen auch wir Grünen entschlossen mit.
Ich danke allen, die an diesem Projekt mitgewirkt haben – in der Planung, in der Verwaltung und in der Schulgemeinschaft. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass in der Zukunft ehemalige Schüler:innen des Emmy-Noether-Gymnasiums sich beim Gedanken an ihre Schulzeit auch besonders an das Gebäude erinnern werden. Und dann hoffe ich, dass sie mindestens so wehmütig daran denken wie ich an den AfE-Turm.
Wir Grünen freuen uns sehr, wenn es nun mit dem Bau losgehen kann und hoffen daher auf breite Zustimmung zu diesem Antrag.
Vielen Dank.
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