Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Tobias Dondelinger zur „Nachtragssatzung und Investitionsprogramm für das Haushaltsjahr 2024“

Fraktionsvorsitzender Tobias Dondelinger
Fraktionsvorsitzender Tobias Dondelinger

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir entscheiden heute über einen Nachtragshaushalt, der nötig wurde, weil an verschiedenen Stellen die Kosten im laufenden Jahr deutlich höher liegen, als wir das geplant haben. Entsprechend müssen wir die Planungen anpassen.

Über die Zahlen, die sich daraus ergeben, wurde bereits viel gesprochen und ich will jetzt nicht eine weitere Runde dazu drehen. Als Haushaltspolitiker beschäftige ich mich viel mit Zahlen, aber als Sozialpolitiker weiß ich, dass es am Ende um Leistungen und Dienste am Menschen geht, die hinter diesen Zahlen stehen.

Lassen wir uns den Blick nicht verstellen von den Zahlen und der Haushaltstechnik, sondern schauen wir darauf, was uns diese Zahlen wirklich sagen. Denn am Ende sind die Zahlen ja nur Ausdruck realer Bedürfnisse und Notwendigkeiten. Jede Zahl, die wir schreiben ist an ihrem Anfang ein Bedarf einer Bürgerin oder eines Bürgers, dem die Stadt nachkommen muss.

Ich lehne es ab, mich im Streit über diese Zahlen zu ergehen, während es eigentlich darum geht, dass in diesem Jahr in Offenbach mehr als 150 Kinder zu ihrer eigenen Sicherheit aus den Familien genommen werden mussten. Ich werde nicht über Geld sprechen, wenn ich weiß, dass viel mehr Kinder, als das absehbar war, aufgrund von seelischen Einschränkungen Lernbegleitung an Schulen brauchen. Meine beiden Kinder sind in der Grundschule und jedes hat mindestens ein Kind in der Klasse, das so eine Begleitung hat. Das hat mir schon vorher viel zu denken gegeben. Das dürften auch Spätfolgen der Corona-Zeit sein, aber so oder so, handelt es sich hier um Aufgaben, die nicht morgen wieder weg sein werden.

Ich bin froh, dass es hier klar gesetzlich geregelt ist, dass wir helfen und ich bin um jedes Kind froh, dem auf diesem Weg geholfen werden kann. Wie man hört, melden Jugendämter landauf, landab die gleichen Entwicklungen, so dass wir als Gesellschaft besorgt dorthin schauen müssen und sehen, wie wir diese Probleme angehen.

Ich werde auch nicht über Geld reden, wenn wir für das Bildungs- und Teilhabepaket in diesem Jahr wesentlich mehr Geld ausgeben, als geplant, gute Nachricht: Das Geld kommt in Zukunft wieder bei uns an, da die Leistung zu 100 Prozent refinanziert ist.

Die Wirklichkeit hinter der Zahl ist jedoch: Die Kinder und Jugendlichen, die darauf Anspruch haben, sind arm. Und wenn eine Leistung für Arme vermehrt in Anspruch genommen wird, dann ist das Ausdruck von vermehrter Armut. Ein Zustand, den man in unserem Reichen Land nicht dulden soll und kann. Ich freue mich, wenn wir auf kommunaler Ebene mit unserem Aktionsplan gegen Kinderarmut hier kommunale Handlungsansätze aufzeigen werden.

Die Schwierigkeiten, die wir haben, haben wir nicht allein. Viele Städte und Gemeinden kämpfen mit ähnlichen Themen und Kosten in den gleichen Bereichen. Allerdings treffen uns diese Themen als besonders junge Stadt besonders hart.

Ich kann mich auch nicht über Einsparungen freuen, wenn die Zuschüsse für die Kitas niedriger ausfallen, weil sich hier am Ende die gesparten Euros in nicht eröffneten Kita-Plätzen gegenrechnen lassen. Das ist ein Problem, das viele Facetten hat, das aber am Ende heißt: Kinder haben nicht die Möglichkeiten für frühkindliche Bildung, die sie haben sollten, Mütter haben häufig nicht die Möglichkeiten zu arbeiten, die sie haben sollten. Dieses Geld würde ich lieber nicht gespart haben.

Dieser Nachtragshaushalt zeigt, wo wir in unserer Gesellschaft Probleme und Aufgaben haben. Es ist keine Frage: Wir müssen uns um unsere Kinder und Jugendliche kümmern, eigentlich auch noch über das Maß hinaus, das gesetzlich vorgeschrieben ist.

Aber das alles gibt es nicht umsonst. Das kostet Geld, viel Geld. Deshalb ist es immens wichtig, dass die Kommunen so ausgestattet sind, dass sie sich nicht freuen, wenn Kitaplätze nicht entstehen oder dass sie nicht versuchen, die Bedarfe und Bedürfnissen von Kindern klein zu reden, um ein paar Euro zu sparen.

Wir in den Kommunen wollen uns gut um die Menschen kümmern, die hier leben, wir wollen ihnen mit ihren Problemen und Herausforderungen helfen und wir wollen Schwierigkeiten, die bei allen von uns im Lebensverlauf auftreten können, auch präventiv angehen und nicht erst dann, wenn alles akut geworden ist.

Aber dafür müssen wir ausgestattet sein!

Wenn ich dann höre, dass unsere Landesregierung in Wiesbaden auf die Idee kommt, mitten in der Krise, in der Zeit, wenn es vielen Menschen vor Ort schlecht geht, dann noch die Mittel für die Kommunen zu kürzen und sich einen Teil der KFA-Mittel unter den Nagel zu reißen, dann denke ich: „Haben die den Knall nicht gehört?“ Die gesellschaftliche Stimmung ist mies, die Menschen haben Angst, Armut nimmt zu und rechtsradikale Rattenfänger reiben sich die Hände und schüren feixend Hass gegen Minderheiten und Menschen die anders sind, als sie.

Und unsere Landesregierung gießt noch Öl ins Feuer? Das kann nicht sein und darf nicht sein!

Genauso muss natürlich auch die Bundesregierung ihren Verpflichtungen nachkommen und zusehen, dass nicht am Ende die Eingliederungshilfen für arbeitslose Jugendliche fast komplett gestrichen werden oder ähnliches.

Ich appelliere an die höheren politischen Ebenen, dass sie sich besinnen, dass sie uns bei unseren Aufgaben unterstützen und nicht Knüppel zwischen die Beine werfen, dass sie einsehen, dass es schon immer eine fatale Idee war, sich aus Krisen raussparen zu wollen. Wir können die Menschen in unserer Stadt nicht im Regen stehen lassen, wir können aber leider auch nicht zaubern. Daher brauchen wir Unterstützung.

Der Nachtragshaushalt ist die technische Umsetzung dessen, was wir gerne für unsere Bürgerinnen und Bürger tun. Daher ist es selbstverständlich, dass wir hier zustimmen.

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